So hat sich Luka Kroczek seinen ersten Arbeitstag als Leiter der Kripo Bergen nicht vorgestellt: Er kommt viel zu spät, seine kleine Tochter Tilda muss mangels Kindergartenplatz mit ins Büro, die neue Kollegin Conny Böhme empfängt ihn alles andere als herzlich. Und dann muss Luka, der sich nur seiner Lebensgefährtin zuliebe von Düsseldorf nach Rügen beworben hat, auch gleich zu seinem ersten Einsatz. In einem alten Fischerhaus wurde eine Leiche gefunden. Wer hat die Frau derart übel zugerichtet? Hat das Verbrechen mit ihrem Mann zu tun, einem allseits unbeliebten Immobilienspekulanten und Wendegewinner? Luka macht sich an die Ermittlungen. Und erkennt schnell: Auf Rügen wird nichts so schnell vergeben und vergessen …
„Wir sind auf Rügen. Unsere Highlights sind geklaute Kreditkarten und gelegentlich ein paar Einbrüche.“ (Zitat Seite 33)
Inhalt
Teresa ist Ingenieurin und man bietet ihr einen interessanten Job an der Ostsee an. Sie zieht mit ihrem Lebensgefährten Luka Kroczek und der kleinen Tochter Tilda von Düsseldorf auf die Insel Rügen. Luka war bei der Düsseldorfer Polizei tätig und da die Kripo Bergen dringend einen neuen Leiter sucht, erhält er diese Stelle sofort. Die Kollegen sind über den Neuzugang nicht gerade erfreut. Schon an seinem ersten Arbeitstag wird er mit einem grausamen Mord konfrontiert und von ihm werden rasche Ermittlungsergebnisse erwartet. Erste Verdächtige gibt es sofort, doch als die Geschichten aus der Vergangenheit auftauchen, erweitert sich der Kreis von Menschen, die ein Motiv gehabt hätten, zu einem undurchsichtigen Dickicht.
Thema und Genre
Wie auch auf dem Buchcover zu lesen, handelt es sich um einen Kriminalroman mit regionalem Bezug, der auf Rügen spielt.
Charaktere
Dieses Buch ist der erste Band einer Serie um den Ermittler Luka Kroczek und das Team der Kripo Bergen. Luka bräuchte Zeit, um sich an Rügen, die Menschen hier und das noch immer präsente Ost-West-Thema zu gewöhnen, doch diese Zeit hat er nicht. Er ist präzises Arbeiten gewöhnt, streng darauf achtend, die entsprechenden Vorschriften einzuhalten. Doch hier an der Ostsee lernt er rasch, dass er umdenken muss, will er diesen komplexen Fall aufklären. Die einzelnen Charaktere sind in ihrer Unterschiedlichkeit sehr gut beschrieben und man erkennt die genaue Beobachtungsgabe der Autorin.
Handlung und Schreibstil
Hier schreibt jemand, der die Gegend sehr gut kennt, es ist das echte Rügen, das in den Zeilen dieses Buches lebt. Der Stoff beschränkt sich nicht nur auf die üblichen Sehenswürdigkeiten. Die Handlung beginnt im Mai 2013 und der Zeitraum der Ermittlungen ist knapp gehalten, was die Spannung erhöht. Rückblenden sind nur eingefügt, wo sie für das Verständnis der Vorfälle wichtig sind. Die Geschichte startet mit kleinen Längen, was wohl darin liegt, dass die Figuren, da es sich um das erste Buch einer Serie handelt, genauer vorgestellt werden müssen. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse und wenn man als Leser glaubt, die Zusammenhänge erkannt zu haben, kommt eine neue Wendung und alles ist anders. Dennoch bleibt die gesamte Handlung logisch nachvollziehbar.
Fazit
Ein spannender Kriminalroman mit Regionalbezug, der auf Rügen spielt. Vielschichtig in den Themen mit sehr unterschiedlichen Charakteren, atmet die Handlung Geschichte, Musik, Meer und Insel. Unterhaltsame Lesestunden, die nicht nur Rügen-Fans genießen werden.
Mord auf Rügen
Igelmanu66 aus Mülheim am 24.10.2014
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Maik lag auf dem Bett im hinteren Raum des Caravans und hatte Angst. Seine Mutter, die er seit neuestem Mum nennen musste, weil ein Kind bei Frauentausch das immer sagte, stöhnte. Aber das war nicht der Grund für seine Angst. Mama stöhnte ja immer, wenn sie es mit Winni machte. Als er einmal nachgefragt hatte, ob Winni ihr weh tat, hatte sie gekichert. Also ging das wohl irgendwie in Ordnung. Nein, er hatte Angst, weil
«Verdammt, Winni, du bringst mich um», drang Mums Flüstern in seine Gedanken. Sie und Winni lagen auf dem Doppelbett, das abends immer über dem Esstisch im vorderen Teil des Wohnwagens ausgeklappt wurde. Maik musste nur den Kopf drehen, um sie zu sehen, denn es war noch ganz früh am Abend und hell draußen, aber er traute sich nicht. Winni hätte es ganz sicher bemerkt und ihn ausgeschimpft.
Und das mit dem Umbringen meinte Mama ja auch gar nicht so. Obwohl Maik ihrem Freund so einiges zutraute. Winni hatte Mama zu dem Urlaub auf Rügen überredet, obwohl Maik deswegen die Schule verpasste. Außerdem hatte er ihren Caravan auf dem verwilderten Grundstück abgestellt, was erboten war. Darum mussten sie immer aufpassen, dass niemand sie erwischte, wenn sie durch das Tor in der Mauer fuhren. Und dann hatte er auch noch was anderes getan
In diesem Augenblick schrie Mama auf. Maik hielt vor Schreck den Atem an.
Winni tut ihr nicht weh, ist gut, ist alles gut Mama hatte das doch selbst gesagt. Aber der anderen Frau, die geschrien hatte, hatte Winni doch weh getan. Ganz doll sogar. Die hatte überall geblutet
Der kleine Maik hat etwas Furchtbares gesehen. Und der Leser ahnt auch gleich, was das gewesen sein muss
Rügen, im Mai 2013. In einem Haus in einer kleinen Ortschaft wird eine furchtbar zugerichtete Frauenleiche gefunden. Wie ein Wahnsinniger muss der Täter gewütet haben Gesicht und Körper zeigen deutliche Spuren einer Axt. Luka Kroczek, gerade frisch von der Kripo Düsseldorf nach Rügen gewechselt, hat noch nicht einmal fertig ausgepackt, als er zum Tatort gerufen wird. Für den arroganten Staatsanwalt steht der Hauptverdächtige schnell fest:
«Herrgott! Ich glaube, ich sollte erst mal kurz eine Einführung fürs Inselkommissariat geben. Mir war entfallen, dass Sie hier über keinerlei Erfahrung verfügen. Wir haben also eine Frau, die in dem unbewohnten Haus ihrer verstorbenen Eltern auf gewaltsame Art ums Leben gebracht wurde. Das ist vielleicht nicht gerade Routine, aber auch nichts Außergewöhnliches. Es kommen zwei Täter in Frage: jemand, der unberechtigterweise ins Haus eingedrungen ist und die Frau zufällig angetroffen und dann erschlagen hat. Das müssen Sie ausschließen. Ansonsten war es der Ehemann.»
Bei so viel Unterstützung von oben ist klar, dass es Luka bei seinen Ermittlungen nicht leicht haben wird ;-)
Dieser Inselkrimi hat mir richtig Spaß gemacht. Der Schreibstil war angenehm und flott zu lesen. Der Fall gestaltete sich spannend und wartete mit einigen Überraschungen und falschen Fährten auf.
Seinen besonderen Charme erhält das Buch durch seine diversen Randthemen. Da gibt es einen ständigen unterschwelligen Ost-West-Konflikt (Bei uns war nicht alles schlechter), verschiedene familiäre Probleme der Hauptcharaktere und den kleinen Maik, den ich im Eingangszitat kurz vorstellte und der unschwer zu erkennen ziemliche Angst vor dem Freund seiner Mutter hat. Diese Themen ziehen sich durch den gesamten Text, sind aber so gestreut und gestaltet, dass sie an keiner Stelle die Spannung unterbrechen.
Die Charaktere sind interessant und vielschichtig. (Wie häufig erlebt man schon einen saxophonspielenden Kommissar?) Speziell den Ermittlern konnte ich mich recht nah fühlen. Zwar sind unsere Berufe absolut nicht vergleichbar, aber das Gefühl, ständig und zusätzlich zur Arbeit mit allen möglichen Widrigkeiten kämpfen zu müssen, kenne ich nur zu gut. Da war mir beispielsweise ein Kommissar, der sein Kleinkind mit zum Dienst nehmen musste, weil er keine Betreuungsmöglichkeit finden konnte, sehr sympathisch. Umso mehr, als dieser dann auch Fehler machte, sowohl bei seiner Arbeit, als auch bei der Betreuung der Kleinen. Speziell dieser Aspekt erscheint mir sehr realistisch und bekommt ein dickes Plus von mir.
Die Suche nach dem Täter führt Luka und sein Team bis zurück in die 80er Jahre. Auch hierbei ergeben sich sehr interessante Aspekte, die dafür sorgen, dass man an diesem laut Staatsanwalt doch ganz simplen Fall lange zu rätseln hat. Einen Punkt ziehe ich aber ab, weil für mich persönlich die Auflösung nicht rund war. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass andere Leser das anders beurteilen.
Fazit: Ein spannender Krimi mit sympathischen und sehr menschlichen Charakteren. Sehr unterhaltsam.