Wie kaum ein anderer hat Sebastian Haffner (1907-1999) die politische Lage Deutschlands kommentiert. Seine "Anmerkungen zu Hitler", nach Erscheinen 1978 monatelang auf den Bestsellerlisten, haben ihn weltweit bekannt gemacht. In sieben Kapiteln analysiert er das Phänomen Hitler: "Ein geistvolles, originelles und klärendes Buch", urteilte Golo Mann. 1979 las Haffner seine "Anmerkungen" für den SFB ein. Seine Stimme zieht auch den heutigen Zuhörer sofort in den Bann, seine Argumentationskraft und stilistische Brillanz machen das Zuhören zu einem Ereignis. Der hervorragende Text wird durch die Lesung zu einem außergewöhnlichen Tondokument.
Wenn man einige der zuhauf erhältlichen Hitler-Biografien gelesen hat, so kommt man zunächst nicht im Traum darauf, daß eine fundierte Analyse dieser völlig verkorksten Persönlichkeit auch auf weniger als tausend Seiten möglich wäre. Umso mehr beeindruckt Sebastian Haffner mit seinem „kleinen Buch“, in dem er Verbrechen Hitlers aber auch seine Erfolge und Leistungen beschreibt, was bei Erscheinen des Buches in den Siebzigern für großes Aufsehen gesorgt hat (und wohl auch heute noch Erstaunen auslöst). Haffner klagt nicht an, er analysiert sehr kühl und erkennt in Hitler einen Nicht-Staatsmann, der, aufgrund seiner Tendenz (oder Intention), Wehrmacht, Partei und SS verantwortungsüberschneidend nebeneinander existieren zu lassen- und völliger Ignoranz der Frage seiner Nachfolge, bereits vor dem Krieg damit begann, Deutschland nachhaltig zu schädigen. Den pathologischen Hass auf Juden und den daraus folgenden Holocaust brandmarkt Haffner als das Jahrhundertverbrechen, das es war – und legt auch dar, dass es gerade Juden waren, die sich über Jahrhunderte als die treuesten Freunde der Deutschen erwiesen haben. Hitlers berüchtigter Nero-Befehl, mit dem er 1945 anordnete, dem Feind nur noch verbrannte Erde zu hinterlassen, da sich das deutsche Volk als zu schwach und nicht „überlebenswürdig“ gezeigt habe, demonstriert nach Haffner nochmals den zerstörerischen Vorsatz Hitlers, der damit viel grausamer war als die Intention der Alliierten Mächte nach der Kapitulation. Sprachlich sind die „Anmerkungen“ ein Meisterwerk, das in seiner Gattung höchstens mit Joachim Fests Biografie Hitlers zu vergleichen ist. Haffner erzählt mit einem Eifer, der ansteckend ist und dem Leser mit jeder schon gelesenen Seite klarmacht, wie wichtig dieses Thema für jeden ist – gerade in unserer heutigen, politisch turbulenten Zeit. Sehr empfehlenswert!
So objektiv wie es im Falle Hitler nur geht
Daniel Keck aus Karlsruhe am 24.01.2011
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Ein Buch, welches sich wirklich merkbar von der Literaturflut über die Person Hitler abhebt. Nicht von vorneherein die Person verurteilend sondern so nüchtern es in diesem Fall wohl nur geht die Ereignisse bewertend. Frei vom Zwang des inszenierten Entsetzens bleibt die Bewertung letztlich dem Leser überlassen. Große Geschichtsliteratur im Kleinformat!