Wien, 1908. Als ein toter Obdachloser in der Gerichtsmedizin eingeliefert wird, schenkt niemand ihm einen zweiten Blick – niemand außer der jungen Ärztin Fanny Goldmann. Ihr fallen Ungereimtheiten auf, aber keiner ihrer männlichen Kollegen will auf sie hören. Daher obduziert sie die Leiche nachts heimlich. Eine gefährliche Entscheidung, denn plötzlich findet sie sich mitten in einer tödlichen Verschwörung rund um einen charismatischen Dieb und Kaiserin Sissis verschwundene Diamantsterne wieder. Ihre Ermittlung führt Fanny von den mondänen Salons und prunkvollen Palais der Oberschicht bis in die schäbigen Spelunken und Bordelle der Wiener Unterwelt. Hier lauert an jeder Ecke der Tod, dessen Opfer Fanny auf ihrem Sektionstisch ihre intimsten Geheimnisse offenbaren ...
Eine atemberaubend spannende Mischung aus Medizinhistorie und Krimi
Ein spannender Auftakt einer neuen historischen Krimireihe, man sollte allerdings gute Nerven und einen stabilen Magen haben.
Das Cover ist sehr ansprechend gestaltet, der Hintergrund ist komplett in blau gestaltet und zeigt einen Ausschnitt aus einem Park mit einem Schloss. Im Vordergrund ist eine Frau abgebildet, die an dem Betrachter vorbeischaut.
Der Klappentext umreißt das Geschehen gut, wir befinden uns im Jahr 1908 in Wien, der jungen Prosekturgehilfin Fanny Goldmann fallen bei einer Leiche, ein paar Ungereimtheiten auf, sie obduziert daraufhin die Leiche genauer und macht eine Entdeckung. Mir nichts dir nichts findet sie sich inmitten einer großen Verschwörung wieder. Es wird gefährlich für sie, denn es werden weitere Morde begangen. Fanny ist mit ihren 25 Jahren recht jung, aber sie hat Medizin studiert und sieht sich als Anwältin der Toten, da sonst niemand mehr für sie spricht. Ihr Chef Prof. Kundera hält allerdings nichts von Frauen als Gerichtsmediziner und stellt sie deshalb nur als Gehilfin an. Ihr Kollege Dr. Franz Wilder ist da Gott sein Dank aufgeschlossener und unterstützt Fanny. Fanny ist neugierig, schlagfertig, mutig und abenteuerlustig, das eine oder andere Mal wächst sie über sich hinaus. Zwei weitere wichtige Nebenfiguren sind zum einen Leontine Kundera, die Frau von Fannys Chef, sie unterstützt Fanny und macht ihr Mut, ihren Weg zu gehen, schließlich ist da auch noch der Polizist Max, der sie bei Ihren Ermittlungen unterstützt. Meine Lieblingsfigur war Tine, die Freundin von Fanny, sie ist ein echtes Unikat. Zudem geht es auch um die Rolle der Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts, sowohl Fanny, als auch Tine und Leontine suchen ihre Rolle in der Gesellschaft.
Der Roman wird chronologisch erzählt und umfasst nur wenige Tage. Wir erleben die Geschichte aus Fannys Perspektive. Der Schreibstil des Autors ist sehr dialoglastig, was dem Roman beim Tempo zugutekommt. Am Ende des Romans findet man ein ausführliches Glossar aller medizinischer und österreichischer Ausdrücke, ebenso ein Nachwort bzgl. Fiktion und Wahrheit. Allerdings seien alle gewarnt, der erste Teil endet mit einem bösen Cliffhanger, sodass man am liebsten den zweiten Band (Goldene Rache) direkt hinterher lesen möchte.
Ein spannender historischer Kriminalroman, bei dem man gute Nerven braucht und auch nicht empfindlich gegenüber Leichen und Obduktionsvorgängen reagieren sollte. Ein wunderbares Buch nicht nur für Wien-Fans, sondern erst recht für Menschen, die sich für Medizin bzw. die Pathologie begeistern können.
Spannend, spannender, Fanny: eine klare Leseempfehlung für alle die gerne gut recherchierte historische Kriminalromane lesen.
Ich werde sicherlich nicht mehr allzu lange warten, bis ich den zweiten Teil lese, da ich doch wissen will, wie es weitergeht, auch wenn das „blutige“ teilweise nicht so mein Fall war.
Wiener Blut
NiWa am 28.12.2021
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Wien im Jahr 1908. Dem Leichnam eines Obdachlosen wird in der Gerichtsmedizin keine Beachtung geschenkt. Nur die junge Ärztin Fanny Goldmann sieht genauer hin und ihr fällt Widersprüchliches auf. Die Kollegen tun ihre Einwände bezüglich der Todesursache ab und so nimmt Fanny die Sache selbst in die Hand.
„Die Totenärztin: Wiener Blut“ ist ein berauschend-charmanter historischer Roman, der mit der Zeit um 1900, dem komplizierten Stand der Frauen, medizinischen Fakten und einer originell kriminalistischen Handlung in die Walzeratmosphäre der Kaiserstadt führt.
Als die Leiche eines Obdachlosen in die Gerichtsmedizin eingeliefert wird, fallen Fanny Ungereimtheiten auf. Ihre Kollegen nehmen sie nicht ernst, unter anderem auch, um sich Ärger zu ersparen. Aber Fanny drängt es, Antworten zu finden. Daher schneidet sie die Leiche kurzerhand persönlich auf. Jedoch hätte sie niemals diese Konsequenzen geahnt.
Protagonistin Fanny Goldmann hat sich einen schwierigen Weg ausgesucht. Sie studierte Medizin und ist approbierte Ärztin. Nur im Wien von 1908 ist sie damit lediglich einea besser gestellte Leichenwäscherin. Ihr berufliches Interesse war schon immer auf die Gerichtsmedizin gerichtet und mit ihrer professionellen Neugier bringt sie sich in eine prekäre Situation. Privat lebt Fanny eher zurückgezogen, weil in ihr der Eifer für ihren Beruf brennt. Sie kümmert sich um ihren von Krankheit gebeutelten Vater, erträgt die Ratschläge ihrer Tante und trifft sich manchmal mit einer Freundin, welche ihr Dasein vergnüglichen Stunden gewidmet hat.
René Anour hat mit seiner Fanny eine fesselnde Figur geschaffen, die sich trotz der schwierigen Umstände keinesfalls von ihren Ambitionen abhalten lässt. Anfangs ist sie zurückhaltend, überlegt und handelt bedacht. Doch rasch regt sich ihr wissbegieriges Gemüt und daraufhin folgen Situationen, denen sie wagemutig ihr Haupt entgegenstellt.
Die Figuren sind allesamt exzellent beschrieben und ich habe mich allein von ihren Wesenszügen ausgezeichnet unterhalten gefühlt. Umrandet wird das Repertoire von einer atmosphärischen Walzerstimmung, die zur Melodie von Wiener Blut durch die Handlung gleitet.
René Anour bietet mit diesem Werk nicht nur kriminell gute Unterhaltung, sondern spricht wichtige Themen an. Er zeigt, in welchem Rahmen sich die Frauen von 1908 bewegten, wie eingeschränkt sie durch gesetzliche, gesellschaftliche und moralische Regeln waren und welche Wege und Mittel sie fanden, um zumindest teilweise daraus auszubrechen.
Die Krimihandlung hat mir ausgezeichnet gefallen, weil sie einfallsreich, historisch interessant und abwechslungsreich ist. Anour beschränkt sich nicht auf einen Mordfall, den es zu lösen gilt, sondern tänzelt im Dreivierteltakt um Hürden herum, welche unterhaltsam und überraschend sind. Neben Medizinfakten und der ideenreichen Ermittlungsarbeit von Fanny Goldmann, gibt es charmante Spionage, historische Details von altem Adel und berauschende Einblicke in die Wiener Palais, die sich zu einer facettenreichen, lebendigen Melodie vereinen, wie es der Titel verspricht.
Genauso ist der Erzählstil des Autors. Anour vermittelt tänzelnde Leichtigkeit, obwohl er von unschönen Details, Praktiken in der Gerichtsmedizin oder gefährlichen Begegnungen schreibt.
Wie es bei mir oft ist, war ich mit dem Ende nicht völlig glücklich. Der Roman schließt in einem Cliffhanger, der wahrlich gemein ist und nach dem Folgeband lechzen lässt. Und leider gibt es persönliche Verstrickungen, was mir gar nicht gefällt.
Dennoch empfand ich es als äußerst charmant, mit der wagemutigen Fanny Skalpell schwingend in der alten Kaiserstadt auf Spurensuche zu gehen, und ich freue mich, dass es mit „Die Totenärztin. Goldene Rache“ weitergeht.
Die Totenärztin:
1) Die Totenärztin. Wiener Blut
2) Die Totenärztin. Goldene Rache
3) Die Totenärztin. Donaunebel