Das meinen unsere Kund*innen
Ruhig und total fesselnd
Gisela Simak aus Landshut am 14.12.2022
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Meine Meinung:
Ruhig und total fesselnd
Diese Geschichte kommt ruhig daher. Dennoch wartet man immer auf den großen Knall. Vor allem aus welcher Richtung er kommen wird. Iris betreibt ein Hotel in einem fast verlassen Kurort. Einst waren die Wiesen und der Wald grün und saftig. Das Hotel gut besucht. Das war vor den Waldbränden. Nun wütet ständig das Feuer. Iris kann es von ihrem Haus aus sehen. Dazwischen das Wasser, welches ihr ein bisschen trügerische Sicherheit bietet. Ihr Leben hat sich minimiert. Sie hängt an dem Hotel, welches schon lange keine Gäste mehr beherbergt. Sie wischt jeden Tag die Asche von der Terrasse, welche der Wind zu ihr herüber weht. Mit einer Zigarette und Tasse Kaffee liegt sie auf auf ihrem Liegestuhl und sonnt sich. Als eine Frau mit einem kleinen Mädchen ein Zimmer bei ihr mietet, muss sie ihren Alltag neu sortieren. Sie merkt, wie einsam sie lebt und empfindet die beiden Gäste als willkommene Abwechslung.
In einer wunderschönen Sprache entführt uns die Autorin in einen Kurort, den man leider als solchen nicht mehr bezeichnen kann. Misstrauisch beäugt Iris Anfangs das Verhalten der Frau gegenüber ihrem Kind. Fragt sich, warum eine Mutter mit ihrem kleinen Mädchen in einem Krisengebiet Urlaub macht. Draußen sollte man Schutzmasken tragen. Drinnen die Fenster zu lassen. Es ist bereits Oktober und immer noch glühend heiß. Ich habe den gemächlichen Alltag der drei gerne verfolgt. Zwei Frauen und ein kleines Mädchen kommen sich langsam näher. Bauen Vertrauen zueinander auf und erzählen sich gegenseitig ihre Geschichte. Iris genießt die Gesellschaft der Beiden. Sie weiß dass sie irgendwann wieder so schnell verschwinden werden, wie sie gekommen sind. Da gibt es doch bestimmt einen Ehemann. Sie fragt sich oft, vor was und wen diese Frau geflüchtet ist. Und ständig tobt das Feuer. Kommt der Wind vom Ort ist es nicht ganz so dramatisch. Der Rauchgestank etwas erträglicher.
Das Thema ist realistisch. Waldbrände wahrlich keine Seltenheit mehr. Dennoch versprüht das Hotel einen gewissen Charme. Irgendwie konnte ich Iris verstehen. Ihre Großeltern haben das Hotel erfolgreich aufgebaut. Iris fühlt sich trotz der widrigen Umstände einfach zu Hause dort. Will etwas halten, das man nicht mehr halten kann. Das Buch eignet sich sehr für kalte Wintermonate. Es passiert einiges. Aber nicht auf die reißerische Art. Alles in Ruhe. Für großen Stress ist es eh zu heiß .
Fazit:
Mir hat dieses Buch gut gefallen. Ich habe die 200 Seiten sehr genossen. Fand es total spannend. Die Autorin kann mit Worten umgehen. Iris mit der großen Hitze. Das Ende fand ich sehr gelungen. Mitten aus dem Leben. Anders als gedacht. Dies ist leider keine Dystopie.
Danke Franziska Gänsler. Ich werde das Buch bestimmt noch einmal lesen. 200 Seiten, die nichts vermissen lassen. Ich gratuliere zu diesem genialen Debüt.
Franziska Gänsler, geboren 1987 in Augsburg, hat in Berlin, Wien und Augsburg Kunst und Anglistik studiert. 2020 stand sie auf der Shortlist des Blogbuster-Preises und war Finalistin des 28. open mike. “Ewig Sommer” ist ihr Debütroman. Sie lebt in Augsburg und Berlin.
Vielversprechendes Debüt
Renas Wortwelt am 24.08.2022
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Dies ist wieder einmal so ein Roman, bei dem ich hin- und hergerissen bin. Inhaltlich ist er hoch aktuell und dramatisch, sprachlich herausfordernd und gelungen, nur was Spannung und Handlungslauf angeht, fehlt mir etwas.
Die Inhaberin eines kleinen Hotels, das wegen der umliegenden andauernden Waldbrände so wie alle anderen schließen musste, bekommt eines Tages eine neue Gästin. Eine junge Frau mit ihrer kleinen Tochter nimmt ein Zimmer und nistet sich dort ein. Irgendetwas dubioses ist um diese Frau, nicht erst, als ein Fremder immer wieder anruft, auf der Suche nach seiner Frau und seiner Tochter.
Iris, die das Hotel von ihrer Familie geerbt hatte, hadert immer wieder mit ihrer Situation, mit ihrem Leben und findet doch nicht den Absprung. Inmitten des umgreifenden Chaos durch die Brände, die sich immer weiter ausbreiten, deren Ascheregen über dem Ort niedergehen und gegen welche Naturschützer in einem nahegelegenen Camp protestieren, kommen sich die beiden Frauen langsam näher, lernen sich kennen und bleiben sich doch fremd. „Ich hatte es lange nicht mehr erlebt, aber ich erkannte in diesem Moment die Aufregung, die Frage danach, ob eine Anziehung zwischen uns möglich war.“ (S. 65)
Der Österreicherin Franziska Gänsler gelingt mit ihrem Debütroman eine faszinierende Schilderung, gleichermaßen von dem Naturereignis wie auch von der Beziehung zwischen den beiden Frauenfiguren. Insbesondere die Gedankengänge von Iris, der Ich-Erzählerin, sind mal philosophierend, mal depressiv, mal aufgeputscht. Die Figuren der fremden Frau, Dori, und ihrer kleinen Tochter Ilya, sind geheimnisvoll angelegt, Beschreibungen und Dialoge geben über lange Zeit wenig preis.
Erwähnen muss man auch die Figur Baby, die Nachbarin von Iris, eine geradezu überwältigend natürliche Frau, liebenswert und liebenswürdig, burschikos, so ganz das Gegenteil der nachdenklichen, grüblerischen Iris. Zupackend, mit lautem, manchmal hartem Humor, steht sie am Zaun und kommentiert das Geschehen. Eine faszinierende Romanfigur.
Insgesamt, trotz oder vielleicht auch wegen des poetischen, düster-schwermütigen Stils kein Roman zur Unterhaltung, kein spannungsgeladener Roman, den man verschlingt, aber ein vielversprechendes Debüt.
Franziska Gänsler – Ewig Sommer
kein und aber, Juli 2022
Gebundene Ausgabe, 205 Seiten, 23,00 €