Über 50 Jahre lang lieben sie sich, teilen ihr Leben. Doch nun ist der Mann schwer krank. Seit Jahren palliativ umsorgt, wird sein Radius immer eingeschränkter, der Besuch weniger, die Abhängigkeit größer. Entlang der Stunden eines Tages erzählt Helga Schubert davon, wie man selbst den Verstand und der andere die Würde behält, wie es ist, mit einem todkranken Menschen durch dessen Zwischenwelten zu wandeln. Und davon, wie Liebe zu Erbarmen wird. Die Erzählungen mäandern in der gemeinsamen und der eigenen Vergangenheit, sind von zartem Humor und frei von Pathos.
Eine rührende Liebeserklärung an den Mann an ihrer Seite und all die kleinen und großen Dinge, die das Leben inmitten der Widrigkeiten des Alters lebenswert machen.
!ein Lesehighlight 2023!
Klappentext:
„Über fünfzig Jahre lang teilen sie ihr Leben. Doch nun ist der Mann schwer krank. Lange schon palliativ umsorgt, wird sein Radius immer eingeschränkter, der Besuch weniger, die Abhängigkeiten größer. Entlang der Stunden eines Tages erzählt Helga Schubert davon, wie man in solchen Umständen selbst den Verstand und der andere die Würde behält, wie es ist, mit einem todkranken Menschen durch dessen Zwischenwelten zu wandeln. Und davon, wie Liebe zu Erbarmen wird. Die Texte mäandern in der gemeinsamen und der eigenen Vergangenheit, sind von zartem Humor und frei von Pathos. Eine rührende Liebeserklärung an den Mann an ihrer Seite und all die Dinge, die das Leben inmitten der Widrigkeiten des Alters lebenswert machen.“
Autorin Helga Schubert ist mir durch viele andere wundervolle Bücher bereits ein Begriff. In meinem persönlichen Autoren-Ranking ist sie ganz weit oben, da sie immer den Kern der Sache trifft und Dinge benennt, vor denen man gerne davonläuft. Im Buch „Der heutige Tag - Ein Stundenbuch der Liebe“ zeigt sie dem Leser die begrenzte Zeit des Lebens auf und wie es ist, wenn man kurz davor steht aus dem Leben zu scheiden. Egal ob als Angehöriger oder Freunde, ist das zählen der Stunden in Schuberts Buch fast kaum auszuhalten. Sie schreibt unverblümt klar und offen und ja, sie trifft genau dort den Punkt wo es richtig schmerzt. Schubert meinte, es sei schwer in diesen Fällen noch selbst den Verstand zu behalten und ich kann ihr dabei nur zustimmen. Durch so einige persönliche Fälle ist es einfach nur grausam wenn man in den letzten Stunden dabei ist. Man kennt den Zeitpunkt des Ablebens nicht aber man weiß das es unausweichlich ist. Die Fragen nach dem Warum, Wieso, Weshalb kommen unaufhörlich mit großen Schritten und kleben an einem wie ein nerviger Kaugummi am Schuh. Schubert zeigt aber auch was es heißt tatsächlich zu lieben. Hier brachen bei mir alle Dämme, denn genau diese Beschreibungen sprechen mir tief aus dem Herzen. Jede Stunde zusammen muss man genießen, jede bescheidene Situation belächeln denn anders ist es nicht erträglich und Krankheiten bleiben vor der Tür. Diese zerstören selbst die stärkste Liebe nicht. Helga Schubert hat hier ein enorm wichtiges und so tiefgründiges Buch verfasst, welches mir tief unter die Haut ging. Dank einer guten Freundin (U.) bin ich auf dieses Buch aufmerksam gemacht worden und ihr unglaublich dankbar! Schubert ist ein Garant für grandiose Bücher mit extrem unliebsamen Inhalten. Sich davor zu verstecken gilt nicht, man muss sie betrachten und sich damit befassen, sonst laufen einen die Stunden nur so davon. Ich vergebe mir großer Ehrfurcht vor dieser Autorin 5 geniale Sterne!
Was Liebe schafft
Sandra von Siebenthal aus Romanshorn am 23.06.2023
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
«Ich liebe ihn sehr.»
Das Kennenlernen dauerte lange, die Annäherung war nicht leicht, waren sie doch beide vergeben. Für ihn hätte es zweigleisig weitergehen können, doch sie wollte irgendwann klare Fronten – und kriegte sie. Er zog bei ihr ein. Seit damals sind über fünfzig Jahre vergangen. Als er krank wurde, entwickelte sich das mehr und mehr zu einer Vollzeitaufgabe, die sie mit Hingabe und Liebe übernahm.
Helga Schubert schreibt die Geschichte einer Frau, die ihren kranken Mann pflegt. Sie schreibt von den körperlichen und psychischen Herausforderungen, von den guten und schlechten Zeiten. Sie schreibt von viel Liebe und Zugewandtheit, aber auch von Verzweiflung. Sie schreibt eine Geschichte, die sie gut kennt, denn es ist ihre Geschichte.
Gedanken zum Buch
«Bald wird er sie nicht mehr erkennen.
Das ist das Schlimmste, dachte ich damals.
Dann werde ich nur eine austauschbare Hilfe für ihn sein.
Nicht mehr die Einzige, die unverwechselbare Geliebte.»
Die Betreuung von Angehörigen bringt je nach Krankheit verschiedene Anforderungen mit sich. Während es bei körperlichen Beschwerden vor allem physische Kraft braucht, damit umzugehen, nehmen bei den geistigen Beeinträchtigungen die psychischen Belastungsmomente zu. Helga Schuberts Mann ist zunehmend dement, was es mit sich bringt, dass er immer mehr vergisst – irgendwann wohl auch sie. Der Gedanke, dass ein Mensch, mit dem man so lange das Leben teilte, dem man so verbunden ist und für den man als der Mensch, der man ist, wichtig war, einen plötzlich nicht mehr erkennen könnte, ist nicht leicht zu bewältigen. Es ist quasi ein Weg in die Beliebigkeit, das Kappen eines Bandes, an dem man sich bislang halten konnte.
«Ich muss ein Mittel gegen die Verzweiflung finden, in die ich manchmal falle.»
Helga Schubert redet nichts schön in diesem Buch, sie verklärt nicht, sie klagt auch nicht, sie beschreibt das Leben, wie es ist, mit allem, was es an Schönem und Beschwerlichem mit sich bringt. Entstanden ist so ein sehr liebevolles, warmes, berührendes Buch.
«Eigentlich ist es egal, wo ich lebe, dachte ich, Hauptsache, er ist da, und wenn er nicht mehr in diesem Pflegebett liegen würde, zufrieden und gesättigt und ohne Schmerzen, sondern sein Körper tot wäre und ich in einer Einzimmerwohnung…wäre er ja auch immer da, denn er ist ja in mir.»
Wir lesen von einer Liebe, die tief geht, die dauert, andauern wird, egal, was passiert. Diese Liebe tropft aus den Worten, steht zwischen den Zeilen, fliesst aus dem Buch. Sie macht Hoffnung, hilft, dass aus Mitgefühl kein Mitleid wird, dass die Schwere des Themas nicht erdrückt.
«Auch jetzt als alte Frau, dachte ich plötzlich, habe ich ja noch richtige Lebensaufgaben zu lösen: Es geht nämlich um das Loslassen, um das Annehmen…»
«Der heutige Tag» ist ein Buch, das auch Mut macht. Es lässt an die Liebe glauben, es zeigt, wie viel man als Mensch schaffen kann. Es zeigt auch, dass es wichtig ist, für sich selbst immer wieder Nischen zu suchen, Dinge, die einen freuen. Bei Helga Schubert ist es ihr Schreiben, wenn alles getan ist. Es ist ein Buch, das zeigt, dass das Leben immer wieder neue Herausforderungen an uns heranträgt, und dass wir lernen können, damit umzugehen. Weil der Mensch nie aufhört zu lernen.
Fazit
Ein warmherziges, persönliches, offenes, unsentimentales, aber sehr berührendes Buch über eine grosse Liebe.
Unsere Buchhändler*innen meinen
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'Ich muss ein Mittel gegen die Verzweiflung finden'
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Helga Schubert, DDR-Autorin und Freundin von Sarah Kirsch und Christa Wolf, erzählt in ihrem neuen Buch vom Alltag mit ihrem pflegebedürftigen Mann. Unsentimental, aber ergreifend schreibt sie von der Liebe zu ihm und der Einsamkeit in Neu Meteln.
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„Ich schlage sein Deckbett zurück, leere den Bettbeutel des Blasenkatheters, fühle, ob die Windel nass ist. Ich liebe ihn sehr." (Seite 7)
„Jederzeit im Moment zu leben" ist das Lebensmotto der 83-jährigen Autorin, die seit 15 Jahren, 24 Stunden am Tag, ihren 96-jährigen Mann, im Buch „Derden" genannt, pflegt.
Derden hat viele Krankheiten. Eine davon ist Demenz. Er erkennt seine Frau nicht mehr, mit der er seit 58 Jahren zusammen ist.
Der Text springt von Heute, ins Kennenlernen, ins Gestern. In Rückblicken erzählt die Autorin ihre gemeinsame Lebensgeschichte und natürlich von seiner Krankheit, die schon lange dazu gehört.
Sie beschreibt die bitteren, traurigen und harten Momente, die die Pflege eines Menschen mit sich bringt. Es geht um das „Ausatmen eines Lebens", keine Gedanken und Gefühle dazu sind ihr fremd.
„Wenn ich Erbarmen mit Derden habe, dann ist die Traurigkeit weich. Aber manchmal weine ich um uns beide."(Seite 38)
"Der heutige Tag" ist ein ehrliches, teilweise humorvolles, unsentimental erzähltes Buch, dass sich mit dem Lebensende eines geliebten Menschen auseinandersetzt.
„Es geht um das Loslassen, das Annehmen, es geht um das Friedenschließen, das Einverstandensein, um das nicht dauernd den anderen, sich und das Leben Ändernwollen." (Seite 25).
Dieses Stundenbuch der Liebe ist ergreifend und gleichzeitig wunderschön. Ich habe bisher nichts Vergleichbares gelesen.