Ein Mann wartet mit zwei Drinks auf seine Angebetete. Sie kommt pünktlich – im Fernsehen. Ein Mädchen will nicht zu schnell erwachsen werden. Und ein Messie schöpft Mut dank einer Frau, die noch trauriger ist als er selbst. Ganz normale Menschen, deren Leben nicht das ist, was sie sich erträumt haben, und die dennoch um ihr Stück vom Glück kämpfen.
Vielfältige Erzählungen über unzufriedene Bewohner Moberlys
Lia48 am 23.02.2021
Bewertungsnummer: 1456237
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Anthony Dent, der „seine Frau“ nur vom Fernsehen kennt und ihr in Selbstgesprächen sein Herz ausschüttet.
Carly, die von ihren Mitschülern blöd angemacht wird, weil sie so leise spricht.
Luke, der Lampenfieber vor dem Konzert hat und gleichzeitig viele Selbstzweifel mit sich trägt.
Oder, Mutter und Sohn, die depressiv und isoliert daheim sitzen und sich nicht voneinander lösen können.
In zehn Kurzgeschichten erzählt Joey Goebel aus den 90ern von Einwohnern aus Moberly, in Kentucky.
All seine Figuren sind unzufrieden mit ihrem Leben, würden gerne etwas daran ändern, tun sich aber schwer damit. Sie wollen weg von hier, wollen nicht an diesem Ort sein, an dem sie ihre Träume nicht verwirklichen können, sie vermissen etwas, fühlen sich einsam und hoffen, dass eines Tages dennoch endlich alles gut wird.
Manche Figuren kennen einander, sodass es immer wieder kleinere Berührungspunkte in den Geschichten gibt. Dies hat mir gut gefallen, da man so das Gefühl bekommt, dass die Kurzgeschichten nicht nur wild aneinandergereiht wurden. Stattdessen gibt es Verbindungen, die die Porträts harmonisch zu einem Buch zusammenfügen.
Dadurch lässt sich das Buch am Stück lesen, man kann sich aber auch immer wieder eine Geschichte vornehmen, sie eignen sich wunderbar für zwischendurch.
Die Geschichten kommen auf leisen Sohlen daher.
Joey Goebel erzählt u. a. von Menschen voller Selbstzweifel, von Außenseitern und sozialer Isolation, von unerwiderter Liebe und Sehnsucht, von Missverständnissen, und von Leuten, die versuchen, dem Alltag auf ihre Weise zu entfliehen. Manche Geschichten sind tragisch, andere berührend und wieder andere etwas kurios. Insgesamt empfand ich das Buch aber eher als melancholisch und trist.
Die Vielfalt der Figuren hat mir an sich gut gefallen. Manche sind sehr schräg oder speziell, mit anderen konnte ich großes Mitgefühl entwickeln und hätte sie gerne in die richtige Richtung geschubst und gerufen: „Nein, mach das nicht!“
Ich muss aber auch zugeben, dass ich von einigen Personen, deren Gedanken und dem, was sie taten und sagten, ziemlich genervt war. Manche Erzählungen waren mir zu pubertär und die in fast jeder Kurzgeschichte vertretenen vulgären und obszönen Stellen, hätte ich mir gerne weggewünscht. Dadurch muss ich leider sagen, dass ich nicht ganz die richtige Person für dieses Buch war. Wer da aber weniger empfindlich ist, dem könnten die Geschichten durchaus zusagen.
Denn ansonsten hat mir der Erzählstil gefallen und ich konnte mir die Schauplätze und das Geschehen gut vor Augen führen.
FAZIT: Dies war leider kein Buch für mich persönlich, da ich obszöne und vulgäre Stellen nicht mag. Ohne diese hätten die vielfältigen Kurzgeschichten meiner Meinung nach, großes Potenzial gehabt. Aber ich kann mir vorstellen, dass das Buch vielen Lesern, die da weniger empfindlich sind, gut gefallen könnte.
Trotz des Titels wirken alle Protagonisten in Goebels Geschichtenband zunächst melancholisch, verloren, suchend, deplaziert. Alle verbindet eine tiefe Sehnucht nach Zuneigung und Anerkennung in dem abgelegenen Kaff Moberly, Kentucky. Mit großem Einfühlungsvermögen, aber ohne zu viele Worte begleiten wir teils skurrile, aber immer liebenswerte Menschen, denen das Leben wieder und wieder schlechte Karten gegeben hat, die sich aber hartnäckig weigern hinzuschmeißen. Das Buch gleicht einem Musikalbum, dessen einzelne Episoden sich wie Songs auf einer Platte irgendwo zwischen Blues, Jazz und Punk zusammenfügen.
Zehn Geschichten, die alle in der gleichen Kleinstadt in Kentucky spielen. Auch die Personen begegnen uns wieder. So entsteht fast ein Roman über den Alltag, die Langeweile, aber auch die Liebe. Sie alle wollen raus aus der spießigen Kleinbürgerlichkeit und doch bleiben sie. Der Stotterer, der in die lokale Nachrichtensprecherin verliebt ist, genauso wie der schüchterne Luke, der mit seiner Punk-Rock-Band ein Konzert organisiert. Geschichten von Träumen, Sehnsucht, Scheitern und Erfolg, die mich sehr berührt haben und nachklingen. Toll beobachtet, brillant erzählt.
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