Fremde und Familie - ein Weihnachtsfest in einem Cottage. »Ein literarisches Feuerwerk.« Frankfurter Rundschau
Winter – die kürzesten Tage, die längsten Nächte. Eine Jahreszeit, die uns das Überleben lehrt. Vier Leute, Fremde und Familie, verbringen Weihnachten in einem riesigen Haus in Cornwall, und doch stellt sich die Frage, ob jeder genug Platz findet. Denn Arthurs Mutter Sophia sieht Dinge, die nicht sein können. Arthur selbst sieht andere. Und da sind noch Iris, Sophias Schwester, ewige Rebellin, nach dreißig Jahren wieder zurück, und Lux, eine Fremde, die Arthur als seine Freundin ausgibt. Eine besondere Nacht, voll Streit und Lügen, Erinnerungen und Mythen.
Ali Smith weiß mit Sprache umzugehen und Geschichten zu erzählen, sich auch auf die zwischenmenschlichen Zwischentöne einzulassen. Doch bei "Winter" konnte ich mich weder in die Geschichte noch in die Charaktere und deren persönliche Geschichten einlassen, auch das erste Kapitel, in dem Mutter Sophia mit einem sich bewegendem Kopf kommuniziert, war nicht verständlich. Leider weder stimmig noch überzeugend.
Es ist Weihnachten, das Fest der Liebe. Arthur, kurz Art, verbringt die Feiertage bei seiner Mutter Sophia in ihrem einstmals herrschaftlichen, heute nahezu verwahrlosten Anwesen in Cornwall. Begleitet wird er von Lux, einer jungen Frau, die er als seine Freundin Charlotte ausgibt, die sich kürzlich von ihm getrennt hat. Aus Sorge um den geistigen Zustand seiner Mutter kontaktiert er deren Schwester Iris, bittet sie, an ihrer Weihnachts-Schicksalsgemeinschaft teilzuhaben, obwohl die Schwestern seit ewigen Zeiten keinen Kontakt zueinander hatten. Das Quartett diskutiert, streitet, geht sich aus dem Weg, findet wieder zusammen, vereint und trennt. Sie sprechen über Vergangenes und Gegenwärtiges, es geht um die Wahrheit, subjektive und objektive, um Politik, Kunst und Familie.
„Schönheit ist der richtige Weg, etwas zum Besseren zu verändern. […] Schönheit ist Wahrheit, Wahrheit Schönheit. Schönheit vorzutäuschen, das geht nicht“. (S. 208)
Der zweite Band von Ali Smiths Jahreszeiten-Quartett diskutiert erneut relevante Thematiken der Jetzt-Zeit. Mit der bereits aus „Herbst“ bekannten kraftvollen und gleichzeitig höchst poetischen Sprache schafft sie erneut einen Mikrokosmos aus in diesem Fall vier Menschen, der verhandelt, was dem personalen Kleeblatt wichtig erscheint und für uns als von Bedeutung ist. Im Zentrum stehen dieses Mal vor allem die Themen Umweltverschmutzung, Migration und Flucht sowie Digitalisierung, die Smith immer wieder einstreut und aufblitzen lässt. Virtuos bedient sie sich dabei aus dem Repertoire ihrer großen sprachlichen Fähigkeiten und arbeitet sich vor allem an der Frage „Was ist Wahrheit und was ist Wahrnehmung?“ konsequent ab.
Wie auch schon in „Herbst“ gelingt es Smith mit großer Raffinesse subtilen Humor und ernste, wichtige Gegenwartsthemen miteinander zu verknüpfen. Über Art, der einen Blog namens „Art in Nature“ führt und sich dabei mit einem hohen Maß an Lakonie über vermeintlich Randständiges in der Natur auseinandersetzt, bringt Smith die Umwelt-Thematik ins Spiel, die durch die Umweltaktivist*innen-Tätigkeit von Arts Tante Iris auf die Spitze getrieben wird. Jedes Thema wird von den vier Protagonist*innen auf unterschiedliche Weise betrachtet, bewertet und diskutiert. So geht es stets um mehrere Ebenen, die inhaltliche wie auch die das Thema bearbeitende. Jede*r hat seine eigene Wahrheit, bringt diese in den Diskurs ein, was gerade in Zeiten fortschreitender Digitalisierung – Arts Ex-Freundin macht sich mit der Zeit seinen Blog zu eigen, ohne die neue Autor*innenschaft kenntlich zu machen – zu neuen Formen von Wahrnehmung und Realität führt. Sinnbildlich steht dafür auch ein körperloser Kopf, der aus Sophias Gesichtsfeld herausgetreten ist und sie nun mutmaßlich begleitet, aber nur von ihr gesehen werden kann – ein Mahnmal für die heutige Zeit der Unzuverlässigkeiten!
Ali Smiths „Winter“ knüpft nahtlos an „Herbst“ an – auch wenn ich den ersten Band noch ein kleines bisschen innovativer empfunden habe. Ein wahrlich literarisches Fest, das mich begeistert, beeindruckt hinterlässt und das zum Nachdenken einlädt!
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