
Beschreibung
Details
Einband
Gebundene Ausgabe
Erscheinungsdatum
18.03.2024
Verlag
Mitteldeutscher verlagSeitenzahl
352
Maße (L/B/H)
21,3/14/3,1 cm
Gewicht
520 g
Auflage
1
Übersetzt von
Sophia Marzolff
Sprache
Deutsch
ISBN
978-3-96311-838-8
Ein heißer Sommer im Prag der Fünfzigerjahre: Jana Honzlová, eine junge Sängerin in einem Folklore-Ensemble, darf nicht mit auf Tournee gehen, denn seit ihr Vater ins kapitalistische Ausland geflüchtet ist, gilt sie im kommunistischen System als politisch unzuverlässig. Stattdessen soll sie im Betriebsbüro die Stellung halten, wo sie ihr Leid mit der freundlichen Putzfrau teilt und heimlich internen Intrigen nachforscht. Aber auch ihre komplizierte Familiensituation hält die Ich-Erzählerin in Atem, die alles, was ihr widerfährt, mit Unverblümtheit und Straßenwitz schildert. Denn Jana Honzlová ist eine, die nicht so schnell aufgibt und sich ihre Chuzpe bewahrt. Umso erschütternder ist es für sie, als die Verhältnisse am Ende doch mächtiger erscheinen.
Salivarová, die viele eigene Erfahrungen in den Roman einfließen ließ, erzählt gewissermaßen die Vorgeschichte des Prager Frühlings; dabei verzichtet sie auf Klischees oder Moralpredigten. Ihr gelingt das authentische Porträt einer vergangenen Zeit, das mit Leichtigkeit und Witz vorgetragen wird, ohne die Tragik und Absurdität auf die leichte Schulter zu nehmen. „Ein Sommer in Prag“ (im Original: „Honzlová“) erschien erstmals 1972 im kanadischen Exil und gehört für viele Kritiker*innen zum Besten, was in der tschechischen Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschrieben wurde. Nun liegt endlich die deutsche Erstausgabe vor.
Salivarová, die viele eigene Erfahrungen in den Roman einfließen ließ, erzählt gewissermaßen die Vorgeschichte des Prager Frühlings; dabei verzichtet sie auf Klischees oder Moralpredigten. Ihr gelingt das authentische Porträt einer vergangenen Zeit, das mit Leichtigkeit und Witz vorgetragen wird, ohne die Tragik und Absurdität auf die leichte Schulter zu nehmen. „Ein Sommer in Prag“ (im Original: „Honzlová“) erschien erstmals 1972 im kanadischen Exil und gehört für viele Kritiker*innen zum Besten, was in der tschechischen Literatur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschrieben wurde. Nun liegt endlich die deutsche Erstausgabe vor.
Unsere Kundinnen und Kunden meinen
Zum Lachen und zum Weinen - eine Geschichte aus dem realen Sozialismus
Johanna aus München am 30.11.2024
Bewertungsnummer: 2353601
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Auch im Winter zu lesen. Zum Lachen und zum Weinen.
Über Bösartigkeit, Hinterlist, Mut, Witz, Vertrauen, Liebe und Lebensfreude. Und die sieben Todsünden kommen auch vor. Mitreißend und geradlinig erzählt. Leicht zu lesen.
Eine Geschichte aus dem realen Sozialismus im Prag der 50er Jahre. Die junge Ich-Erzählerin Jana Honzlová kommt aus einer armen Familie, die böse Erfahrungen mit dem tschechoslowakischen Staat gemacht hat. Mehr als Kartoffeln mit Milch gibt’s oft nicht. Zwei Brüder sind in Arbeitslagern interniert. Der Vater ist nach Übersee geflohen. Mutter, Bruder und Schwester müssen von dem bisschen Geld leben, das Jana nach Hause bringt. Sie hat nach dem Abitur eine Stelle in einem folkoristischen Sing- und Tanzensemble gefunden. Einmal durfte sie mit ins Ausland, nach Frankreich. Für die Reise nach Finnland hat man ihr nun keine Ausreiseerlaubnis mehr erteilt. Sie soll derweil im leeren Prager Büro die Stellung halten und Telefondienst machen. Glücklicherweise bringt ein Versehen des Direktors erstes Licht ins Dunkel der Behördenwillkür. Jana erfährt aus den Kaderakten, die im Safe des Direktors lagern (er hat die Zahlenkombination am Schlüsselbund hängen lassen), was für ein Mensch sie laut den Denunzianten in ihrem Kollegium ist:
„J. Honzlová ist eine leichtfertige, durchtriebene Person, […] kennt keine Skrupel … lebt in einem moralischen Sumpf … hat in unserem Kollektiv nichts zu suchen …“ Die Mutter schimpfe öffentlich „auf unsere sozialistische, demokratische Ordnung. Das zumindest kann Jana nachvollziehen, da ihre Mutter öfter mal den VEB Obst und Gemüse kritisiert hat, „weil es da nie Zwiebeln gab“.
Jana möchte aber genauer wissen, warum sie die begehrte Erlaubnis, ins kapitalistische Ausland zu fahren, nicht bekommen hat, da sie doch für ihren Einsatz in Frankreich zumindest mündlich belobigt worden ist. Sie begibt sich also ins Kultusministerium und setzt damit eine ganz Kette von Behörden- und Spitzel-Aktivitäten in Gang. In ihrer Verzweiflung will sie sich sogar taufen lassen, um Trost zu finden. Der auserwählte Pfarrer ist der ehemalige Bewerber um ihre Gunst…
Obwohl das alles deprimierend klingt und die Geschichte auch tragisch endet, ist das kein trauriges Buch. Die liebenswerte Erzählerin berichtet von sich und ihrem Leben, ihren falschen Entscheidungen und ihrer Umgebung mit viel schnoddrigem Witz, oft umgangssprachlich. Exzellent ins Deutsche übersetzt von Sophia Marzolff.
Besonders beeindruckend: das haarsträubende Verhör im Innenministerium, bei dem man ihr einen Mord anhängen will, um sie zur informellen Mitarbeit zu zwingen. Das Märchen am Ende hätte ich nicht gebraucht. Ein Quäntchen zu viel Rührseligkeit für meinen Geschmack.
Zdena Salivarová hat in ihren eindrucksvollen Roman viele autobiographische Elemente eingebaut, wie aus dem Nachwort zu entnehmen ist. Sie gründete im Exil in Toronto einen Verlag und veröffentlichte den Roman dort im Jahr 1972. Das Buch stand 2024 auf der Hotlist der unabhängigen Verlage.
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