• Ein berührendes Erinnerungsbuch an das Damaskus von gestern und ein Plädoyer für friedliche Koexistenz aller Völker und Konfessionen im Nahen Osten
Ein hochaktuelles Zeugnis von Mitmenschlichkeit und religiöser Toleranz im Nahen Osten – erstmals auf Deutsch, herausgegeben von Rafik Schami
Moussa Abadi wurde im jüdischen Viertel von Damaskus geboren und wuchs in Frieden und Freiheit auf. In seinem berührenden Erzählband beschreibt er atmosphärisch dicht und humorvoll diese Welt von Gestern – Damaskus in der kurzen Phase vom Ende des Osmanischen Reichs 1918 bis zur französischen Besatzung am Beginn der 1920er-Jahre. Wir erfahren vom Leben der jüdischen Gemeinde und von deren friedlicher, ja brüderlicher Koexistenz mit Angehörigen anderer Religionen. So wird dieses Erinnerungsbuch zu einer in der Vergangenheit angesiedelte Utopie, zur Feier des brüderlich-harmonischen Zusammenlebens von Christen, Juden und Muslimen.
Feinfühliges Portrait einer verschwundenen jüdischen Welt in Syrien
MarcoL aus Füssen am 29.08.2024
Bewertungsnummer: 2279041
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Moussa Abadi entführt uns in eine Welt, die aus Tausend und Einer Nacht entfallen sein könnte. Seine Erzählungen nehmen uns mit nach Damaskus in die Jahre um 1920, teilen Kindheitserinnerungen aus dem Gettho, in dem er aufwuchs. Damals lebten Christen, Juden, Muslime neben einander, wenn auch nicht ohne der ein oder anderen Streiterei, aber immerhin mit dem nötigen Respekt.
Die Straßen waren bunt, laut, voller hinreißender Abenteuer und Geschichten, allesamt festgehaltene Augenblicke aus dem jüdischen Leben der Region.
Abadi beschreibt dies mal mit spitzer Feder, mal mit einem Zwinkern, und immer in einer feinen, poetischen Sprache, die einen sofort mitnimmt, die sengende Sonne auf den staubigen Straßen spüren lässt, oder den kühlen Schatten in einem Palast.
Es sind aber nicht nur die oberflächlichen Geschichten, die eine Sehnsucht nach einem einfachen Leben hervorrufen mögen. Der Autor stilisiert geschickt das Aufeinandertreffen verschiedener Kulturen, und auch der immerwährende Konflikt, dem die Juden ausgesetzt sind, kommt nicht zu kurz.
Einige Erzählungen in dem Buch haben mir es besonders angetan. Eine Königin, die vermeintlich als Kind aus einfachen Verhältnissen verschwunden, ihr Glück fand und in Saus und Braus zurückkehrte, mit ihrem Reichtum nur so um sich warf, viel Gutes tat und dennoch ihre „Einfachheit“ nicht versteckte. Auch wenn sich bald alles als Schwindelei entpuppte, ließ man sie gewähren, schließlich war sie großzügig. Legenden aus dem Ghetto, von Reichen und Armen, oder einem Sohn, der es im weit entfernten Kontinent über dem großen Meer zu Wohlstand brachte. Ein Reichtum, der schneller zerbrechen konnte als man dachte.
Aber letztendlich bleiben diese Erzählungen nur Geschichten, das Ghetto ein Rückzugsort innerhalb der jüdischen Gemeinde, ein Hort gegen die Anfeindungen von außen, die, wie wir alle wissen, um den Planeten tobten und immer noch toben und verbrennen, was nicht unter dem Mantel der Toleranz und Nächstenliebe bestand hat.
Das Buch ist eine Hommage an das Leben, an die Achtung der religiösen Diversität. Die Sprache ist wunderbar, poetisch, mitreißend.
Ein langes Nachwort von Rafik Schami rundet den Band perfekt ab. Mit präzisen historischen Details, Beschreibungen der jüdischen Gemeinde, sowie einer Biographie des Autors, der dieses Werk 1994 in Frankreich veröffentlichte, und nun als deutsche Übersetzung vorliegt.
Rafik Schamik sagt über Moussa Abadi: Ein leiser Held und großer Erzähler.
Überfällig, dass wir diese Kurzgeschichten lesen dürfen
nil_liest aus RheinMain Gebiet am 05.07.2024
Bewertungsnummer: 2237672
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Was für eine Entdeckung! Dieser Kurzgeschichtenband von Moussa Abadi ist wahrlich ein Highlight des Lesejahres 2024! Eine Sammlung die im Original auf Französisch bereits 1994 erschien und nun 30 Jahre später von Gerhard Meier für uns ins Deutsche übertragen wurde.
Was diesen Band so besonders macht, ist die Geschichte des Autoren selbst, der mir vorher kein Begriff war. Was unglaublich ist, denn dieser syrische Jude hat zu Zeiten des zweiten Weltkrieges über 500 jüdische Kinder in Nizza vor dem Tod gerettet! In Frankreich ein bekannter Mann. Einer der Gründe, warum ich dazu rate, zuerst das Nachwort von Rafik Schami zu lesen, dass ab Seite 179 beginnt und das Setting und den Hintergrund zu den Geschichten und des Autors toll darlegt. Auch das ein Genuss.
Moussa Abadi nimmt uns mit in die 1910er und 20er Jahre, zurück in seine Kindheit in ein vielfältiges Damaskus und dort speziell in die jüdischen Straßenzüge. Er skizziert einzelne Portraits von Menschen, Schicksalen und wie das Leben in dieser vibrierende Stadt prägte im Guten wie im Schlechten.
Was mich daran so fasziniert hat, und Hoffnung keimen lässt, ist dass er ein wunderbar friedliches Nebeneinander von Religionen und Kulturen beschreibt. Ein respektvoller und zutiefst menschlicher Umgang. Und dann diese poetische, fast märchenhafte Sprache. Nicht nur der Titel ‚Die Königin und der Kalligraph‘ ist entsprechend zauberhaft, auch sprachlich aus einer anderen Welt mit viel Poesie zu Papier gebracht.
Eine absolute Leseempfehlung!
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