Mit 15 Jahren klebt Melanie Berger Anti-Hitler-Zettel auf Häuserwände in Wien. Wenig später muss sie vor den Nazis fliehen – über Belgien bis in den Süden Frankreichs. Dort fliegt ihre Widerstandsgruppe auf, sie wird verhaftet und entkommt in einer halsbrecherischen Aktion aus dem Gefängnis in Marseille. Heute ist sie 102 Jahre alt – und eine der wenigen, die noch von damals erzählen können. Immer noch macht sich Melanie fast jede Woche auf, um Schüler:innen aus ihrem Leben zu berichten. Und von der Notwendigkeit des Ungehorsams.
Lange kamen ihr die eigenen Erlebnisse nicht so bedeutend vor. Erst spät begann sie, davon zu erzählen. Von dieser »kleinen Sache«, die sie immer hintangestellt hatte und die im Schatten mächtiger Résistance-Erzählungen und preisgekrönter Exilliteratur verborgen blieb. Der SPIEGEL-Journalist Nils Klawitter erzählt ihre Geschichte: die Odyssee einer jungen Frau durch die Wirren des 20. Jahrhunderts, durch den aufstrebenden Faschismus und den Zerfall Europas in Diktaturen. Es ist eine Geschichte von Flucht und Verfolgung, vom Stillhalten in der Illegalität. Und eine Verbeugung vor unglaublicher Tapferkeit.
Nils Klawitter schaut hier in seinem Buch „Die kleine Sache Widerstand“ auf Melanie Berger, auf ihr Leben, auf ihren Widerstand, der mitnichten eine kleine Sache war.
Melanie Berger wurde 1921 geboren, wuchs in einer jüdischen Familie in Wien auf, politisierte sich schon relativ früh, zu ihrem eigenen Glück. Denn dieser wache Geist lies sie zur Einvernahme des österreichischen Staates durch die Deutschen schnell reagieren und rettete ihr damit wahrscheinlich das Leben. Auch wenn das kommende Leben in den nächsten Jahren kein Zuckerschlecken war. Sie lebt.
Nils Klawitter recherchierte zu Melanie Berger, weil sie ihn beeindruckte. Nun klar, wenn man bedenkt, wozu diese Frau fähig war. Schon das beeindruckt vollkommen. Doch nicht nur diese Stärke wohnt Melanie Berger inne.
Um zu tun, was sie in diesen schlimmen Jahren 1938 bis 1945 nun einmal tat, brauchte man auch ein Netz, welches einen auffängt und charismatische Menschen erschaffen sich solche Netze nun einmal leichter. Und auch dieses Charisma der Melanie Berger wird Nils Klawitter erreicht haben.
Nils Klawitter recherchiert zu Melanie Berger und verfasst diese wunderbare Biografie „Die kleine Sache Widerstand“. Man liest dieses Buch und ist tief beeindruckt vor dem Mut und der Leistung dieser Frau. Denn Melanie Bergers Tun war nie eine kleine Sache und genau dies erfährt man in diesem Buch. Und auch wenn der Autor dieses Buch recht nüchtern verfasst, beindruckt und berührt er damit um so mehr.
„Die kleine Sache Widerstand“ kommt genau zur richtigen Zeit heraus. Gerade jetzt sind wache und aufmerksame Geister gefragt, denn bei uns passiert gerade nichts Gutes. Ich hoffe sehr, dass diese klugen und wachen Geister genauso tätig und agil sind, wie Melanie Berger es damals war. Denn bei dieser Lektüre tun sich erschreckende Gleichnisse auf, die das Heute intensiver werden lassen.
Eine wichtige Biografie einer so mutigen Frau, die von vielen Menschen gelesen werden sollte!
Denn nie wieder ist Jetzt!
Autor Klawitter ist bei seinen Recherchen zu Widerstandskämpfern auf die damals 97-Jährige Melanie Berger gestoßen, die in Frankreich in einer Seniorenresidenz lebt und nach wie als Zeitzeugin in Schulen geht und berichtet. Er macht das Interview für sein Magazin, ist von der Frau fasziniert und verspricht wieder zu kommen, um eine Biografie zu verfassen.
Wer ist diese Frau, die mit 103 Jahren bei den Olympischen Spielen im Juni 2024 in Paris als Fackelträgerin mitgewirkt hat? Die am 12. September 2024, anlässlich der Präsentation dieser Biografie vom Wiener Bürgermeister Michael Ludwig für ihre Verdienste als Widerstandskämpferin die Ehrenmedaille der Stadt Wien in Gold, verliehen bekommen hat?
Taucht ein in das bewegte Leben der Melanie Berger ....
Melanie Berger, geboren am 8. Oktober 1921 in Wien, lebt mit ihren Eltern im jüdischen Teil Wiens, in der Leopoldstadt auf, betätigt sich schon früh in der Arbeiterbewegung und klebt Zettel wider den Faschismus auf Wiens Hausmauern. Im Mai 1938, nach der Machtübernahme der Nazis in Österreich, ist sie als Jüdin und Sozialistin doppelt gefährdet. Sie flieht über Ungarn, Deutschland nach Belgien und dann nach Frankreich. Dort trifft sie die Weggefährten Georg Scheuer, Gustav Gronich und Karl Fischer aus Wien.
„Melanie gehörte zum Fußvolk des Widerstands. Zur anonymen Masse derer, die dem Irrsinn von Diktatur und Krieg ihr Leben entgegenstellten. Darunter gab es Gruppen, die zwischen alle Fronten gerieten. Deren Mitglieder von den Nazis verfolgt und von den Stalinisten gehasst wurden. Und die von den vermeintlichen Rettern, den Franzosen, interniert wurden. Die dem Untergang geweiht waren und trotzdem versuchten, Sand ins Getriebe des Systems zu streuen. Die losrannten und hofften, sich versteckten und unter falschem Namen lebten, die gegen die Unterdrücker und Besatzer angingen und anschrieben, so gut sie es konnten. Eine davon war Melanies Gruppe. Sie nannten sich „Revolutionäre Kommunisten“.“ (S. 18)
Im Jänner 1942 wird sie von der französischen Polizei verhaftet und anschließend in das berüchtigte Gefängnis Les Beaumettes in Marseille überstellt, wird 1943 in einer spektakulären Aktion von ihren Genossen befreit und schließt sich der Résistance an. Mit bewaffneten Aktionen kann sie jedoch nicht dienen. Sie habe nur „eine kleine Sache gemacht“, bemerkt Melanie Berger bescheiden vor einer Schulklasse (S. 18)
Mehr als einmal stand ihr Leben und das ihrer Freunde an der Kippe. Sie wird später mehrmals sagen: „Wir waren Tote auf Urlaub.“
Fazit:
Eine Hommage an eine wahrlich beeindruckende Frau, deren Verdienste, angesichts des aktuellen Rechtsruck in Europa, nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Diese Biografie verdient eine ausdrückliche Leseempfehlung und 5 Sterne.
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