Sommer 1966: Kohlenhalden im Ruhrgebiet, Zechen werden dichtgemacht, Bergleute gehen auf die Straße. Und unter einer Brücke im Oberhausener Stadtteil Sterkrade liegt ein toter Junge. Die Mutter des Kindes glaubt an eine Strafe Gottes, Oberinspektor Manni Wagner hat daran seine Zweifel und stößt auf eine Geschichte, die bereits 1947 begann. Er ermittelt in einer Schrebergartenkolonie und einer Duisburger Hafenbar, stellt sich in der Eifel schrecklichen Erinnerungen und verpasst das Finale der Weltmeisterschaft. Während in Wembley ein Tor fällt, das keines ist, sitzt er einem Mörder gegenüber.
Der dritte Teil der Ruhrgebietssaga von Peter Kersken: Hochspannend und sehr berührend werden Zeitgeschichte und persönliche Schicksale der der Menschen im Ruhrgebiet zu einem großartigen Kriminalroman verknüpft.
Fast schon ein Zeitdokument,wer in sich in Oberhausen auskennt, meint die eine oder andere Ecke wieder zu erkennen. Schön dargestellte Charaktäre aus dem Ruhrpott.
Gelungene Zeitreise ins Ruhrgebiet
Igelmanu66 aus Mülheim am 07.11.2021
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
»Herauszufinden, was da passiert war, war ihm von Anfang an nicht nur ein kriminalistisches, sondern auch ein ganz persönliches Anliegen gewesen. Er hatte dieses unsinnige Ende eines jungen Lebens begreifen wollen. Und das wollte er immer noch.«
Oberhausen, im Sommer 1966. Oberinspektor Manfred Wagner kann seinen Urlaub nicht genießen, der Tod eines 14jährigen Jungen lässt ihm einfach keine Ruhe. Sein Vorgesetzter ließ den Fall einstellen, weil es keinen Hinweis auf ein Fremdverschulden gibt. Doch Wagner ermittelt privat weiter…
Dieser historische Krimi reizte mich besonders, da ich am Schauplatz der Handlung einen großen Teil meiner Kindheit und Jugend verbrachte und auch noch ordentliche Erinnerungen an das Zeitgefühl Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre habe. Gleich auf der ersten Seite saß Wagner auf dem Platz neben meiner alten Schule, da hat man natürlich alles besonders gut vor Augen.
Auch sonst ist der Zeitgeist hervorragend eingefangen. Die Erwachsenen haben mehr oder weniger traumatische Erinnerungen an den Krieg, auch Wagner wird von düsteren Erlebnissen gequält, die sein Leben in der Gegenwart beeinflussen. Bei den Arbeitern macht sich zudem Zukunftsangst breit, da die ersten Zechen dichtgemacht wurden. Ablenkung bietet die Fußballweltmeisterschaft, man muss nur zunächst jemanden finden, der bereits über einen Fernseher verfügt. Wenn ich las, wie die Menschen beschrieben wurden, wie sie aussahen, sich benahmen und welche Werte sie vertraten, sah ich vor meinem geistigen Auge sofort Eltern, Großeltern und diverse Tanten und Onkel.
In diesem Szenario versucht Wagner nun also, Licht in einen ominösen Todesfall zu bringen. Ein weiterer, mit möglichem Zusammenhang, wird dazukommen. Die Auflösung am Ende ist schlüssig, macht aber auch betroffen, da sie deutlich macht, wie viele Opfer und bedrückende Schicksale es zu dieser Zeit gab.
Fazit: Gelungene Zeitreise ins Ruhrgebiet der späten 60er Jahre, historischer Schauplatz und Zeitgeist sind sehr gut dargestellt. Der Krimi ist dabei etwas nachranging.