Bei 451 Grad Fahrenheit »fängt Bücherpapier Feuer und verbrennt«. In dem Staat, den Bradbury in eine nahe Zukunft projiziert, ist die Feuerwehr nicht mehr mit Wasserspritzen ausgerüstet, sondern mit Flammenwerfern, die genau diesen Hitzegrad erzeugen, um die letzten Zeugnisse individualistischen Denkens die Bücher zu vernichten. Da beginnt ein Feuerwehrmann, sich Fragen zu stellen
„Fahrenheit 451“ las ich bereits in der Schule, aber das ist wohl bald 30 Jahre her. Schon länger nehme ich mir einen Re-Read vor. Und als ich in der Bibliothek gesehen habe, dass Rufus Beck der Sprecher des Diogenes-Hörbuchs ist, habe ich mich für dieses entschieden.
Ein Hinweis vorneweg zum Hörbuch und unterschiedlichen Übersetzungen:
Rufus Beck liest hier ungekürzt die Übersetzung von Fritz Güttinger. Ich habe allerdings erst, als ich schon mitten im Hören war, bemerkt, dass es eine neuere Übersetzung gibt. (Ich wollte da ein Zitat nachlesen). 2020 ist auch eine neue Buchfassung bei Diogenes erschienen, übersetzt von Peter Torberg, der sich den Text komplett neu vorgenommen hat. Beim Blog kaffeehaussitzer.de findet ihr ein Interview mit Torberg. Was ich in der Neuübersetzung schon mal sehr gelungen finde, ist, dass „Firemen“ nicht mit Feuerwehrmänner, sondern mit Feuermänner übersetzt wird. Da ich die Lesung von Rufus Beck aber so gelungen fand, bin ich dann bei der Hörfassung geblieben. Vielleicht nehme ich mir das Buch aber irgendwann einmal noch im Original vor.
Generell ist der Roman oft poetisch, in der Schilderung von Gewalt recht nüchtern. Dennoch finde ich eine Content Note wichtig, weil einiges doch vielleicht selbst in einer Dystopie überraschend kommen könnte.
Content Note:
Su*zid, Su*zidversuch, Mord, Gewalt Feuer, Brandstiftung, Hetzjagd, Hunde, Injektionsnadel, Überwachung, Krieg, Autounfall
Ich hatte nur noch einige Eckpunkte der Handlung im Kopf und war überrascht, wie schnell alles für den Protagonisten und Feuer(wehr)mann Montag brisant wird. Montag erbte den Beruf von seinem Vater und seinem Großvater – die Feuerwehr ist nicht mehr dazu da Feuer zu löschen, sondern Bücher zu verbrennen. Montag weiß noch nicht einmal, dass unter diesem Namen früher die ganz gegenteilige Aufgabe durchgeführt wurde. Am Anfang hinterfragt er diese Arbeit überhaupt nicht. Doch dann stellt das Nachbarsmädchen Clarisse Fragen, die Montags Weltsicht erschüttern. Nun beginnt er selbst Fragen zu stellen und durch seine Fragen werden sein Vorgesetzter Beatty und seine Frau Mildred misstrauisch. Aber er lernt auch den früheren Universitätsprofessor Faber kennen.
Die Welt ist dystopisch, Bücher sind verboten, Schulen sind Verfahr- und Bespaßungsanstalten, Universitäten gibt es nicht mehr. Die Welt steht vor einem erneuten großen Krieg, aber es gibt keinen Diskurs darüber, weil die Menschen durch Medien, schnelle Autos und Gewalt sediert werden. Vieles davon – die wandgroßen Fernsehbildschirme, die ständige Unterhaltung durch Stöpsel im Ohr – scheint heute fast Alltag zu sein.
Über eine Stelle bin ich erst gestolpert, weil sie den Zustand dieser Welt vermeintlich den Minderheiten zuschreibt. Deren Bedürfnis, dass dieses oder jenes nicht mehr gesagt werden solle, sei der Grund, warum Bücher immer stärker eingedampf und schließlich verboten worden sein sollen. Das scheint das Geunke der globalisierten Rechten wegen „Political Correctness“ oder „Wokeness“ versteckt, aber dann fiel mir auf: Es ist Beatty, der das behauptet. Wie Faber später mehrfach betont, ist Beatty schlau, hat durchaus Bücher gelesen – und nutzt sie nun, um als Demagoge den verunsicherten Montag wieder zurück auf den rechen Pfad zu bringen.
Montag geht in seinem neuentdeckten Bewusstsein nicht subtil vor, da hätte ich ihm manchmal zurufen wollen: „Das kannst du doch so nicht machen!“, aber mit Fabers Blick wird die Wut dann wieder verständlicher, auch, wenn wir wissen, dass das so nicht viel bringen wird. Und dann bleibt auch immer die Bewunderung, dass durch solche Wut auch Hoffnung möglich ist.
»Die Welt war voll von Verbrennung aller Art. Nun galt es schleunigst, die Zunft der Teflonweber ins Leben zu rufen.«
Das Buch ist in den 1950ern geschrieben, meine einzige wirkliche Kritik ist also also zeitabhängig. Die Frauenfiguren fand ich alle recht klischiert. Gut, außer Montag, Beatty und Faber bekommen die wenigsten Männer auch kaum eine wirkliche Zeichnung, aber dennoch sind es in der Geschichte viel mehr Männer und auch mit mehr Aktion. Clarisse ist zwar komplett positiv gezeichnet, aber eher wie eine jugendliche Beatrice für Dante. Und bei der Ehefrau Mildred und ihren Nachbarinnen kann ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass da schon einige misogyne Klischees zusammenkommen. Aber gut, das ist die Zeit, sollte man beim Lesen aber nicht ganz außer Acht lassen. Und darum vergebe ich auch 4,5 statt 5 Sternen.
Wichtiger Klassiker, der auch heute nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat.
Obwohl „Fahrenheit 451“ zu den Klassikern der Literatur gehört, habe ich das Buch bislang nicht gelesen. Die Grafik Novel aus der Feder von Victor Santos kam da also gerade recht, um dieses Versäumnis endlich nachzuholen. Der Lesende wird ziemlich direkt in die Handlung geworfen und ohne weitere Erklärung in das Leben von Guy Montag gezogen, der als sogenannter Feuermann gegen Bücher vorgeht. Die Zeichnungen sind dynamisch gestaltet und erzeugen direkt Spannung. Der Stil erinnert stark an eine postapokalyptische Realität mit Anleihen an ein militärisch geprägtes Regime früherer Zeit. Das ist durchaus passend, denn es wird schnell klar, wie absolut das Gesellschaftssystem ist und wie strikt sich die Protagonisten an Regeln halten müssen.
Die Geschichte ist spannend erzählt und mit starken Bildern illustriert. Einige Szenen haben mich jedoch auch verwirrt, da die GN keine weiteren Erklärungen liefert. Wer das Buch nicht so genau kennt, stolpert hier wohl wie ich über den einen oder anderen Aspekt, der Fragen aufwirft. Ich habe mich nach dem Lesen genauer mit der Handlung des Buches beschäftigt, um diese Lücken zu schließen. Dabei habe ich festgestellt, dass die Grafik Novel wohl sehr nah am Buch ist und auch dieses an diesen Stellen nicht zwingend genauere Erklärungen liefert. Einerseits finde ich diese Detailtreue zum Buch gut, andererseits hätte ich mir manchmal eine Info mehr gewünscht. Zum Beispiel die, dass das Buch aus dem Jahr 1963 als Warnung gegen den steigenden TV-Konsum gedacht war, der Menschen die Lust am Lesen verleitet. Mit diesem Hintergrund sind viele Passagen verständlicher, auch wenn man einiges einfach als gegeben hinnehmen muss.
Eine kleine weitere Kritik habe ich an der Entwicklung von Guy Montag. Dessen Wandel vom Mitläufer zum Rebellen ging mir etwas zu plötzlich und war für mich nicht so gut nachvollziehbar. Zwar wurde erklärt, welche Ereignisse schließlich dazu führten, zu hundert Prozent glaubwürdig empfand ich das allerdings nicht.
Gefallen hat mir die GN dennoch gut. Auch, weil sie einen einfachen Einstieg in das Buch liefert, eindringliche Zeichnungen bietet und die Geschichte des Buches (offenbar) nah am Original erzählt. Ohne Kenntnis des Buches hat die Story jedoch ein paar Fragen aufgeworfen, sodass ich mir hier und da ein paar Infos mehr gewünscht habe.
Die Macht der Worte, die Freiheit sich Gedanken zu machen, wird unterdrückt und jeder, der es wagt, ein Buch zu besitzen oder seine Fantasie zu benutzen, wird den Zorn des Staates spüren. Feuermann Montag macht sich für den Staat die Hände schmutzig. Doch in den Augen seiner Opfer glimmt ein Funke, der ihn ansteckt. Ein Nachbarskind bringt ihn auf gefährliche Gedanken und schließlich kocht der Wunsch zur Veränderung in ihm hoch. Doch das Risiko ist hoch und der Preis für freies Denken groß. Sehr gelungene Comicadaption des bewegenden Klassikers von Ray Bradbury.
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