Zwei Familien – verbunden durch eine unmögliche Liebe und ein einzigartiges Bauwerk
Der Bahnhof Friedrichstraße. Stolzes Herz einer Stadt auf dem Sprung zur modernen Weltstadt. Als der junge Architekt Robert 1920 den Auftrag bekommt, am Umbau des Bahnhofs und der Planung der ersten U-Bahn-Linie Berlins mitzuarbeiten, ist er überglücklich. Endlich kann er seiner großen Liebe Luise einen Heiratsantrag machen. Doch ihr Glück ist nicht ungetrübt. Seit dem Großen Krieg ist Roberts bester Freund Johannes, mit dem er gemeinsam an der Front kämpfte, verschollen. Johannes war Luises erste Liebe. Als sie glaubte, er sei tot, fand sie Trost bei Robert. Ausgerechnet am Tag ihrer Hochzeit taucht Johannes wieder auf, kriegsversehrt und ohne Hoffnung, Luise eine Zukunft bieten zu können …
Ein folgenreiches Beziehungsdreieck - packend erzählter historischer Roman mit spannender Figurenkonstellation
Hyperventilea am 01.06.2022
Bewertet: Hörbuch-Download
Seit ihrer Kindheit sind Luise, Robert, Johannes und dessen Schwester Ilse eng befreundet. Doch der Erste Weltkrieg, in dem Johannes und Robert an der Front für Deutschland kämpfen, ändert alles. Johannes gilt nach Kriegsende als vermisst, Robert ist seit dem Krieg völlig verändert. Als Robert 1920 den Auftrag bekommt, an der Neugestaltung des Bahnhofs Friedrichstraße mitzuarbeiten, fasst er sich ein Herz und macht Luise einen Heiratsantrag. Doch es gelingt ihm nicht, die schlimmen Erfahrungen der Vergangenheit hinter sich zu lassen. Über der Beziehung zu Luise liegt daher ein Schatten. Und dann taucht plötzlich Johannes wieder auf…
Autorin Ulrike Schweikert erzählt flüssig und klar aus der Sichtweise ihrer verschiedenen Figuren in der dritten Person. Sie schildert verschiedene zentrale Momente aus dem Leben ihrer Protagonisten, erläutert aber immer wieder auch historische und gesellschaftliche Ereignisse, die ihre Figuren miterleben und die sie prägen. Sprecherin Sabine Arnold liest gut betont, beherzt-resolut und mit angenehm klingender Stimme. Ihrem fesselnden Vortrag hörte ich gerne zu.
Die Hauptfiguren sind ganz unterschiedlich. Luise ist eine mitfühlende und leidenschaftliche Frau. Sie hat Spaß an ihrem Beruf als Sekretärin bei der Polizei, arbeitet gerne direkt am „Puls der Zeit“, mag es das Leben der Stadt „in sich aufzusaugen“. Robert wirkt etwas ernster als sie, ist er doch von den Erfahrungen des ersten Weltkriegs sehr beeinflusst und leidet an Schuldgefühlen. Sein aus Kindertagen bester Freund Johannes kehrt verwundet aus dem Krieg zurück. Die Pläne seiner Jugend gehören nun der Vergangenheit an, er muss sich völlig neu orientieren. Johannes Schwester Ilse bewegt sich in der Kulturszene Berlins, hat Kontakte zu vielen Kulturschaffenden wie Claire Waldoff, Marlene Dietrich oder Erich Kästner. Sie hat ein besonders Talent für Mode. Dann gibt es noch Ella aus dem Hinterhaus, die nie richtig zum engen Freundeskreis dazugehörte, nicht so begütert aufwuchs wie die anderen, sich um ihren Bruder Paul, der auf die schiefe Bahn gerät, kümmern muss und die stets finanzielle Sorgen plagen.
Die vielfältige, abwechslungsreiche Personenkonstellation mit ihren konfliktbehafteten Beziehungen umfasst Figuren aus verschiedenen Schichten und Kreisen, das gestaltet die Geschichte sehr interessant.
Autorin Ulrike Schweikert nimmt ihre Hörer mit auf eine Reise ins Berlin der 20er und 30er Jahre, lässt die pulsierende, facettenreiche Stadt lebendig werden. Sie fängt die Atmosphäre der Metropole treffend ein, gibt Einblick in die schillernde Kulturszene und vermittelt gleichzeitig, welche politischen und gesellschaftlichen Fragen die Leute damals bewegten. Vor diesem Hintergrund entwickeln sich die komplexen Beziehungen ihrer Hauptfiguren weiter, die alle von den Ereignissen ihrer Zeit geprägt sind. Männer und Frauen müssen sich nach den aufwühlenden Ereignissen „neu finden“. Wie auch ihre Roman um die Berliner Charité hat mich die Autorin mit dem Auftakt „Novembersturm“ aus der Reihe „Berlin Friedrichstraße“ überzeugt. Mir hat das Aufeinandertreffen aus realen und fiktiven Charakteren, die vielfältigen Figuren, ihre interessanten Geschichten und die Einbindung historischer Ereignisse gut gefallen. Ein Schmöker ganz nach meinem Geschmack, ich freue mich schon auf die Fortsetzung.
Freundschaft in Berlin
Bewertung am 02.10.2022
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Auf Empfehlung meiner Tochter habe ich mich für ein Buch der Autorin Ulrike Schweikert entschieden. Meine Tochter war von der Charité so angetan, dass wir Novembersturm unbedingt gemeinsam lesen wollten. Außerdem mag ich Romane, die in der Vergangenheit spielen und die Perspektiven verschiedener Charaktere beinhalten.
In diesem Buch haben wir es gleich mit mehreren Protagonisten zu tun, die sich alle stark voneinander unterscheiden. Dabei standen vor allem die gut situierten Charaktere im Vordergrund, was ich recht Schade fand. So hat man nur aus der Perspektive von Ella erfahren, wie schlecht es vielen Menschen in den 1920er Jahren eigentlich ergangen ist und welche Opfer sie erbringen mussten. Luise mochte ich sehr gerne, da sie so vielfältig ist, verschiedene Leidenschaften hat und sich für alles begeistern kann. Sie ist eine starke emanzipierte Frau, die sich auch gegen ihren Ehemann durchsetzen kann und für ihre Rechte und Träume kämpft. Sie steht zwischen zwei Männern und tut hier sicherlich auch Dinge, die wahrscheinlich nicht mit ihrem Gewissen zu vereinbaren waren und auch ich mich gefragt habe, wie sie das machen konnte. Dennoch zeigt sich in ihren Gedanken und ihren Handlungen, dass sie dies nur aus Liebe zu Robert getan hat. Es zeigt, dass Luise ein guter und hilfsbereiter Mensch ist, was das Buch auch immer wieder vermittelt.
Ilse hingegen war mit etwas zu aufgedreht. Die Einblicke in die Kultur der 1920er Jahre hat mir zwar gut gefallen, dennoch wirkte es nicht so authentisch, dass Ilse stets vor Ort war und immerzu die bekannten Persönlichkeiten kennen gelernt hat.
Wenn man sich den Klappentext durchliest, denkt man als erstes, dass es viel um den Bau des Bahnhofs in Berlin gehen wird. Doch dem ist tatsächlich nicht so, weshalb ich den Klappentext nicht angemessen für diese Buch erachte. Auch den Titel des Buches kann ich noch nicht wirklich rekonstruieren.
Ulrike Schweikert konnte die wilden 1920er Jahre gut vermitteln und ich hatte das Gefühl direkt vor Ort zu sein. Durch Filme, Bilder und Erzählungen hat man als Leser bereits ein Bild vor Augen, wie die damalige Zeit ausgesehen haben mochte und was sich hier entwickelt und abgespielt hat. Mich hat sehr beeindruckt, wie intensiv sich die Autorin mit der Zeit befasst hat und diese geschichtlichen Hintergründe in die Handlung hat einfließen lassen. Dennoch hat es mir an Spannung und dem roten Faden gefehlt. Es gibt keine richtige Mittelung des Buches, außer der Geschichte der Vergangenheit. Die Handlung läuft nur so nebenbei ab und nimmt nicht an Fahrt auf.
Sehr erstaunt war ich von dem Ende des Buches, was mich neugierig auf Band 2 warten lässt.
Ich würde dem Buch 3,5 Sterne geben. Der Schreibstil hat mir gefallen, ebenso wie die Charaktere und die geschichtlichen Hintergründe, aber es hat mich einfach nicht richtig